Data Governance, der Schlüssel zu einer erfolgreichen datenintelligenten Organisationskultur
Definition: Was ist Data Governance?
Data Governance (Datensteuerung) umfasst in Summe die Menschen, Prozesse und Technologien, die zur Verwaltung, zum Schutz und zur Steigerung des “Datenkapitals” einer Organisation benötigt werden, um allgemein verständliche, korrekte, vollständige, vertrauenswürdige, sichere, auffindbare Unternehmensdaten und deren wertorientierte Nutzung garantieren zu können.
Warum ist eine Data Governance wichtig für eine dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit?
Organisationen, die Heute und in Zukunft ihre Wettbewerbsfähigkeit in einer sich zunehmend digitalisierenden Welt sichern und ausbauen wollen, werden an der Entwicklung und Etablierung einer Daten Strategie nicht vorbeikommen. Daten nutzbringend zu verwenden, datenintelligenter zu werden, sowie Daten indirekt oder direkt zu monetarisieren, ist heute schon ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Ein weiterer Aspekt sind die gesteigerten Compliance-Anforderungen im Zusammenhang mit der Datennutzung (Bsp. DSGVO).
Das Schlüsselinstrument zur nachhaltigen Etablierung einer Datenstrategie ist die Data Governance. Diese gibt den Rahmen vor, wie eine Organisation „bewusst“ Daten nutzen möchte und welchen Wert Daten für die Organisation haben, wie Daten geschützt werden können und ein compliance-konformer Umgang geregelt wird. Darüber hinaus unterstützt eine Data Governance mit einem abgestimmten Set an Services, Methoden und Werkzeugen aktiv den Wandel zu einer datenorientierten Organisation und befähigt diese ihre Datenintelligenz stetig zu verbessern.
Was sind die Bausteine einer Data Governance?
Einen Standard, welche Bausteine bzw. Themen eine Data Governance beinhaltet, gibt es nicht. Aus meiner Erfahrung heraus halte ich folgende Bausteine für sehr sinnvoll.
Die ersten beiden Bausteine sind als übergreifende Prinzipien zu verstehen.
Data Interoperability
- Grundsätze und Verfahren etablieren, welche die Organisation befähigen Informationssysteme so zu gestalten, dass Daten über und außerhalb der Grenzen von Silos durchgängig verwendet werden können.
Data Model
- Festlegung von Grundsätzen und Anforderungen für die Entwicklung, Wartung und Implementierung eines Standarddatenmodells. (z.B. nach dem MDD-Ansatz, mehr unter Data Governance: Vom Model Driven Design (MDD) zum Data Catalog.)
Data Scope
- Festlegung von Grundsätzen und Verfahren zur Bewertung und Priorisierung von High Value und High Risk Daten.
Data Accountability Partnership (Verantwortungspartnerschaft)
- Festlegung der Verantwortung von Daten in Rollen entlang der Data Lineage sowie die Menschen dazu befähigen ihre Rolle auszufüllen und entsprechend zu handeln.
Data Catalogue (Shopping for Data)
- Der Datenkatalog bietet eine zentrale Ansicht der Metadaten, um die Rückverfolgbarkeit der Herkunft und der Verwendung von Datenbeständen innerhalb der Organisation zu erleichtern.
- Eine “Data Lineage” innerhalb des Data Catalogues liefert die Informationen über die Verwendung, Verarbeitung, Qualität und Leistungsfähigkeit von Daten im gesamten Lebenszyklus, von der ursprünglichen Erstellung bis zur späteren Löschung.
- Der Ansatz “Shopping for Data” ermöglicht die wertorientierte und demokratisierte Verwendung von Daten.
Data Quality
- Festlegung von Grundsätzen und Verfahren, um eine wertorientierte Betrachtung, Steuerung und Qualitätssicherung von Daten hinsichtlich Korrektheit, Relevanz und Verlässlichkeit, abhängig vom Zweck, den die Daten in einem bestimmten Zusammenhang erfüllen sollen, zu ermöglichen.
Data Sharing
- Ermöglicht die Wiederverwendbarkeit von Datenbeständen mit gültiger geschäftlicher Begründung, sowohl intern als auch extern, anhand festgelegter Grundsätze und Verfahren.
Data Retention, Archiving, Decommission
- Die Daten müssen in Übereinstimmung mit den relevanten Datenschutzrichtlinien, Vorschriften und Verfahren archiviert und gelöscht werden.
Was sind die Herausforderungen einer Data Governance?
Die größte Herausforderung um eine Data Governance nachhaltig zu etablieren ist es die Menschen in einer Organisation auf dem Weg zu einer „Data Driven Culture“ mitzunehmen und ihnen ihre Verantwortung für Daten bewusst zu machen. Hinzu kommt die scheinbare Komplexität der Nutzungsmöglichkeiten von Daten und deren Veredelung, weil eine übergreifende Transparenz fehlt. Daher ist es nicht damit getan eine sogenannte Policy zu veröffentlichen und darauf zu hoffen, dass sich jeder daran hält. Es reicht auch nicht eine Data Governance als klassische Datenverwaltungsaufgabe zu sehen. Die Einführung einer Data Governance und deren Etablierung erfordert ein aktives Vorgehen und benötigt die Kombination unterschiedlichster Management Disziplinen wie z.B. Projekt- und Prozess-Management, Change Management und die komplette Klaviatur des Datenmanagements.
Weitere Aspekte sind die Menge und die Artenvielfalt von Daten sowie die unterschiedlichsten technologischen Plattformen, die meist in einem Mix eingesetzt werden. Hinzu kommt, dass nicht alle Daten den gleichen Wert haben. Dies macht das Thema zusätzlich komplex.
Es geht um einen Wandel in der Organisation und der Wandel ist nur gemeinsam mit den Menschen möglich. Daher ist die Etablierung einer Data Ownership ein wichtiger Baustein einer Data Governance. Die Menschen werden meiner Meinung nach nur dann bereit sein die Verantwortung für die Daten zu übernehmen, wenn sie einen Sinn darin sehen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist es daher entsprechende Services, Methoden und Werkzeuge zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen, die die Menschen in einer Organisation dazu befähigen den Wert von Daten zu erkennen, diesen zu steuern und mehrwertgenerierend zu nutzen und danach zu handeln.
Wie führe ich eine Data Governance in die Organisation ein?
Die IT-Infrastruktur ist meist komplex. Die organisationsübergreifende Datennutzung ist intransparent. Die Daten sind vielfältig und unterschiedlich werthaltig. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Verbesserung der Datenintelligenz und der Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit ist zu Beginn meist gering.
Die Einführung einer Data Governance ist aus den o.g. Gründen eine lange und komplexe Reise mit vielen Ungewissheiten. Hinzu kommt, dass die Data Governance Strategie auf die Organisation passen muss und nicht einfach von anderen kopierbar ist. Daher bietet sich eine agile Einführung an, frei nach dem Leitgedanken „Experimentiere und lerne schnell“. Trotz alledem haben sich nach meiner Erfahrung nachfolgende Punkte als hilfreich erwiesen.
- Gemischtes Kernteam zusammenstellen, das eine gemeinsame Daten-Vision verfolgen und umsetzen kann.
- Das Kernteam berichtet direkt an den Vorstand/Geschäftsleitung (DG SteerCo).
- Datenstrategie erstellen und mit der Unternehmensstrategie harmonisieren.
- Data Scope definieren und priorisieren. (Dort ansetzen, wo eine gesteigerte Datenintelligenz den größten Hebel für das Geschäft bedeutet.)
- Data Governance Framework (Services, Methoden, Technologien) definieren.
- Kommunikations- und Befähigungsstrategie sowie Taktik entwickeln.
- Umsetzung mit Prio 1 Data Scope als agiles Projekt starten und Data Governance Implementierungsprozess sukzessive stabilisieren (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess).
- Vom Projektmodus in Programmmodus übergehen.
Welchen Mehrwert liefert eine Data Governance?
Der Mehrwert ist einerseits in der gesteigerten Compliancekonformität begründet, indem Strafzahlungen vermieden werden (diese können mehrere Millionen bis Milliarden Euro ausmachen) und Audits sehr effizient durchgeführt werden. Unterschiedlichste Risiken können klein gehalten werden. Andererseits ist der Mehrwert ökonomisch begründet. Diesen Teil empfinde ich persönlich sogar als den spannenderen. Zu erwähnen wäre hier z.B. die positiven Effekte bei besserer Datenqualität auf die Prozesseffizienz. Eine Faustregel besagt, dass Datenqualitätsfehler 5 – 10 mal höhere Prozesskosten verursachen als fehlerfreie Prozesse. Zusätzlich können bei besserer Datenqualität Vetriebspotentiale besser gehoben werden, die sich wiederum positiv auf den Umsatz auswirken. Durch den strategischen Ansatz des „Shopping for Data“ durch die Etablierung eines Data Catalogues und eines verbesserten Metadata-Managements werden zusätzlich Effizienzen gehoben.
Der Aufwand der Suche nach den richtigen Daten und die Zeit zur Beantwortung der Fragen hinsichtlich der Qualität und Informationsgehalt der Daten wird stark reduziert. Eine standardisierte und zentralisierte Datenveredelung (Data Quality Management) und frühe Vermeidung von Datenqualitätsproblemen reduziert zusätzlich erheblich die Aufwände der Datenaufbereitung. Somit steht mehr Zeit für die Datenanalyse und die faktenbasierte Entscheidung zur Verfügung. Eine verbesserte Datenqualität steigert zusätzlich den Durchsatz von Geschäftsprozessen.
Dies sind nur einige Beispiele für positive Effekte und den Mehrwert einer Data Governance. Wer tiefer einsteigen möchte, dem empfehle ich den Artikel „Data Governance: Was sind Ihre Unternehmens-Daten wert?“.
Wie kann ein zukunftsfähiges Organisationsmodell einer Data Governance Einheit aussehen?
Ein zukunftsfähiges Organisationsmodell muss den End to End Dataflow Ansatz erfüllen. Es gewährleistet, dass der Datenfluss über Abteilungsgrenzen hinweg qualitativ und effektiv unterstützt wird und so die Organisation zur Business Information Excellence befähigt.
Die Idee folgt dem Ansatz das digitale Prozesse keine Abteilungsgrenzen kennen und auf das Ziel fokussiert sind, dem Kunden den bestmöglichen Service anzubieten.
Ein mögliches Modell könnte wie folgt aussehen.
Wer verantwortet eine Data Governance und wo ist eine Data Governance organisatorisch gut verankert?
Wenn wir davon überzeugt sind, dass die Data Governance der Schlüssel zur Umsetzung der Datenstrategie einer Organisation ist und die Datenstrategie einzig in der Verantwortung der Geschäftsleitung oder des Vorstands liegen kann, so muss die Verantwortung für die Data Governance ebenso in dieser Verantwortung liegen.
Die Umsetzung erfolgt in den Organisationen allerdings sehr unterschiedlich. Lange wurde die Verantwortung in der IT gesehen und viele Organisationen legten demnach die Verantwortung in die Hände der IT-Leitung. Viele Unternehmen begrenzen das Thema Data Governance und Data Strategy immer noch auf den Bereich Business Intelligence, was meiner Meinung nach viel zu kurz gegriffen ist. Allerdings ist auch zu beobachten, das immer mehr Organisationen der Data Governance eine höhere Priorität beimessen und die Verantwortung beim Finanzvorstand ansiedeln. Manchmal teilen sich auch der Finanzvorstand und IT-Vorstand die Verantwortung, was die Abhängigkeit von Geschäftsprozessen und IT-Unterstützung noch mal verdeutlicht. Einige Unternehmen gehen noch einen Schritt weiter und bündeln das Thema Daten und Datenstrategie in der Funktion eines Chief Data Officer auf Vorstandsebene.
Ich bin überzeugt, dass Organisationen, die es mit Ihrer Datenstrategie ernst meinen, diese fest in Ihrer Gesamtunternehmensstrategie verankern und die Verantwortung in die Geschäftsleitungs-/Vorstandsebene heben. Um der Priorität weiteren Ausdruck zu verleihen berichtet der Bereich Corporate Data Governance direkt an den Vorstand (z.B. in Form eines SteerCo auf Vorstandsebene).
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